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Colophona beare vana domus mundi coelica regna manent.

Flügel auf Asphalt -
Neuigkeiten im Winter 2005:


1. JULI 2004:
Die "Schwierigkeiten, Schwierigkeiten!" Monatshefte taumeln ihrer Bestimmung entgegen. Stimmen zum Festhalten: "Mmmmm mmm mmmmm hmmmm." "Das ist sein Projektentwurf für das Stiftungsstipendium - schmeiß es weg!" "Es geht um sein Scheißherz…" "Gibt's hier Arbeit?" "…bloß wegen den defekten Taschenrechnern!" Entstanden in Personalunion, auf 100 mg Papier gedruckt und mit Hilfe von Hewlett-Packard.
Limitierte Auflage.


11. JULI 2004:
Die Leidensgeschichte hatte ein Ende und nach großzügiger Gestattung einer einwöchigen Pause kam ich wieder zu Sinnen, d.h. in den von mir favorisierten Grundzustand zurück. Was war geschehen? Ich hatte erfahren, dass Fluchen in der chinesischen Öffentlichkeit zu einer der vier Grundannahmen gehörte (das Gegenteil war der Fall, wie mir eine taiwanesische Sprachlehrerin in den Minuten vor dem Ende bar jeglichen Amüsements zu vermitteln gesucht hatte) und dass ein Tag im Park, was Erfolge in sprachlicher Kommunikation anbelangte, einem Briefwechsel mit Heloisa unter allen Umständen vorzuziehen war. Sonnencreme und eine Flasche Mineralwasser hatten mich nicht das Leben gekostet, aber ein strenger Blick auf die Uhr erinnerte mich an die noch zu tätigenden Transaktionen auf dem Bundesanleihemarkt und ich begab mich ins Innere einer dunklen, kalten Höhle, an deren Fenstern die Spinnweben ein gotisches Muster imitierten und die 4. Symphonie von Bruckner auf mich einen latent - abwartenden Eindruck machte (dem burlesken Ton zu folgen hatte ich mir schon lange abgewöhnt und was mich betraf, war er der einzige, der einen Gezeitenwechsel in zwei Schüben und ohne auf die Uhr zu schauen vollziehen konnte). Aus den Armlehnen befreit, ich hatte gerade das Pflanzengestrüpp vor dem Fenster einer eingehenden Prüfung unterzogen und die Zinslandschaft an mir vorüberziehen lassen, kam mir eine Schlagzeile in den Sinn, die mir bereits des Öfteren als verdächtig vorgekommen war, "Das Gebet des abgeschiedenen Menschen ist ein verstummendes Gebet" lautete die Textnahrung, deren Geschmack und milde Würze mich an erkaltetes Essen gewahrte und ich mich der Versuchung nicht länger entziehen konnte, mir eine Auszeit zu gönnen, ohne Gott und reich versehen mit Sprechblasen, die in der Einsamkeit so verlockend hohl klingen würden.


23. JULI 2004:
Um hier noch einmal ein diskretes Signal auszusenden: "der tatsächliche Wert einer Entscheidung bemisst sich in der Anzahl der Vakanzen, die dadurch frei gemacht und durch Zeitfaktoren nur ungenügend erklärt werden können" (sic!), zweckfrei gesprochen, ist Alles möglich und als Tipp an die Daheimgebliebenen, ein Besuch im Bündner Kunstmuseum bewilligt einen freizügig dazu, im schönsten Aufzug der Ostschweiz nach oben zu fahren und an der Entstehung von etwas wirklich Künstlichem mitzuwirken (allerdings nur auf Anfrage).
Bündner Kunstmuseum Chur, Postplatz,
CH - 7002 Chur, info@bkm.gr.ch,
www.buendner-kunstmuseum.ch


30. JULI 2004:
Mit Gabriele Fischer (brand eins) am Nebentisch, meiner Schwester zu meiner sonnenverbrannten Linken und Herrn Freeses verbalen Domestikationen im Genick drehte ich mich zur Seite, dorthin wo die Musik alles Gebrechliche aus dem Weg räumte und am Abend den Sommer um die Ecke brachte. Ich war nicht allein und das war nicht Hamburg. Das war Bergmans alter Traum vom Leben auf der Farm gewesen, kein Tag ohne Sonne, kein Laster ohne Grund. Ein populäres Drum Solo legte sich über die Essensreste und wir warteten auf den zweiten Nachtisch. Schließlich reichte uns Zini vor dem zu Bett gehen die Hände und wir beschlossen unseren Power Dinner beim nächsten Mal einfach als neuronales Ereignis in den Büchern abzuschreiben.
Restaurant La Scala, Falkenried 54, 20251 Hamburg.


2. AUGUST 2004:
"Sie sagte, er sei ganz ekstatisch geworden, als er erfuhr, dass im vergangenen Jahr zwei Milliarden Dollar für Beerdigungen ausgegeben wurden, und sie müssen ihm einfach davon erzählen, dass die Todesrate beständig steigt, stellen Sie sich doch nur mal vor, seit der Geburt unserer wunderbaren Nation hat es lediglich einhundertundachtzig Millionen Beerdigungen gegeben, aber wir rechnen allein in den nächsten fünfundvierzig Jahren mit zweihundert Millionen!"
Auszug aus ‚JR' v. William Gaddis.
— Fazit: Alles dicht machen und sich gewinnbringend in der Bestattungsbranche engagieren. Leben, um zu sterben, heißt die Devise. Ein letzter Donut auf dem Gehweg ins Ungewisse, auf das es sich auch noch morgen lohnt, kräftig zuzupacken. Auf Anweisung von oben, sind wir an Ihren Einlassungen, Wehklagen, Satanssprüchen und sonstigen unnützen Verlautbarungen (sehr) interessiert und bitten um Benachrichtigung unter der E-Mail Adresse info@danielherrmann.de - die beste Einsendung wird mit einem frühen Tod belohnt!


30. SEPTEMBER 2004:
"Unter einem gespannten Himmelsbogen, in Aussicht einer Einöde, die mit Luft gemalt wurde, pinseln Einfarbige ihren Atem an die Bordwand. Es drängt sie zur Mitte und sie zerstören sich wortreich.
Am Rande der Wüste, hinter Steinblockaden, redet stummes Licht.
Die letzte Grautönung am Horizont wird von der Sonne entblößt und eine gelbe Maserung füllt das Tal.

Ohne sich beweglich zu zeigen, scheinen Köpfe auf.
...Staubwolken lärmen bis ans Wasser heran; die aus den vertrockneten Flussläufen aufsteigende Hitze versöhnt sich mit einem distanzlosen Feind. Ein toter Strauch legt sich zurück ins Grab. Am Euter der Erde stirbt er im Verborgenen. Kein Blatt läßt sich kehren, die Vegetation wirkt besiegt.
Draußen auf den Wellen taucht ein Glaube nach Bestätigung, der starre Blick in den Kosmos hat ihn müde gemacht und die nackten Gestalten am Strand wollen ihn ein letztes Mal tanzen sehen."
(Auszug aus meinem Fuerteventura - Tagebuch, Eintrag vom 10. September 2004).


5. DEZEMBER 2004:
In der fassungslosen Leere der Nacht tat sich ein Licht auf und wir sanken zurück in die Sitze. Mit einigem Mut zur Fahrlässigkeit hatten wir ein kleines Rennen mit der Zeit gemacht. Der Z4 (in schwesterlichem Besitz, aber in Sorge aller familiären Parteien) hatte sich in das geschmeidige Polster einer ausgefeilten Straßenführung gelegt und war kurz zusammengezuckt als das Ampelgesicht sein heiterstes Rot auf die Backen gezaubert hatte. Wir standen in einer Sackgasse, die mit prometheischer Zielstrebigkeit erreicht worden war und rings um uns flackerte es Blau. Nur zu Besuch, mit allen mißlichen Vorkommnissen bestens vertraut, redeten die Götter mit Engelszungen auf die offiziösen Stellen ein und versprachen Abbitte zu leisten, bei nächster Gelegenheit und falls es überhaupt dazu käme. Man einigte sich schließlich auf einen Handel, der blechernes Geld zu Tage fördern würde und verschwand händeballend vom Umstand des Geschehens. Von Ferne drangen die Blechchöre (!!!) aus nächtlichen Wolken und wir waren unserem ersten Ziele abhanden gekommen, einen Abend unter den Solisten und Eleven des Stuttgarter Balletts zu verbringen. Mit Stravinsky in den Ohren und besten Plätzen im zweiten Rang.
"Stravinsky Inspiriert" - Stuttgarter Ballett,
bis 25. Januar 2005.


1. FEBRUAR 2005:

Blick auf Surselva. Im Bannstrahl der Analogien oder Acht Tage Winterblick.
Aus einer kurzen Reise ins singende Bergland, der Heimat der letzten weißen Schneeflocke, wurde eine Fahrt ins unbekömmliche Hinterland. Die Zufahrtsstraßen nach Reichenau, der Welt einzige Zuflucht, waren in fester Ummantelung regungslosen Schnees gefangen. Der Tag ächzte in den Gewinden und kein Gesicht wollte ein Lachen zum Erfolg führen. Grell wälzten sich die Scheinwerfer über die an den Seitenstreifen aufgehäuften Matschberge und hin und wieder streifte ein liegengebliebenes Fahrzeug ihren Blick. Mit Mühsal zur Ruhe gestellt, flimmerte es in der toten, kalten Luft. Fahrer und Beifahrer als graue Schemen im angrenzenden Auwald, schon zu weit entfernt, um eindeutige Identifizierungsarbeit leisten zu können. Ob Mann oder Frau, sie träumten von Gummistiefeln, warmen Socken und dem einzigen Weg, der aus dieser Hölle herausführte.
Das gezeigte Bild macht die Sicht frei auf die rechte und linke Talseite der Surselva, in der Mitte ein Baum mit Ohren, am unteren Bildrand, nicht zu erkennen, der Kommentar aus dem Off: "Wann käme endlich der Augenblick, da schlecht schlecht wäre und gut gut, und man man selber wäre und klar wüßte, was was war." Walker Percy.

'Truth happens to an idea.' William James
'Eine Milliarde flackernder Nervenzellen, die mit jeweils bis zu zehntausend Verbindungen
verknüpft sind, etwa 500 000 Kilometer
Leitungen.' FAZ, Christian Schwägerl
''Sie kennen alle hier in der Gegend?' fragte
Innis. 'Alles, was ist und war', sagte Finlay
hinter ihm.'' D.R. Macdonald
'Leuchtzeichen verlorener Posten sozusagen.'
Unbekannt
'Ich gehöre nicht einer Welt an, die untergeht.
Ich verlängere und übermittle eine Wahrheit,
die nicht stirbt.' Nicolás Gómez Dávila

Heureka! Heureka!
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